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Residenz Würzburg

Die Restaurierung des Tiepolofreskos im Treppenhaus

Bild: Deckenfresko im Treppenhaus

 

Hauptanliegen der 2003 bis 2006 durchgeführten Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen im Treppenhaus war die Sicherung und dauerhafte Festigung des Gewölbefreskos. Nach Möglichkeit sollten die das Gemälde verunzierenden Flecke und Verschmutzungen abgenommen werden, um das Kunstwerk Tiepolos wieder in seiner authentischen Helligkeit und Farbenpracht erlebbar werden zu lassen.

Die Zerstörung der Dächer der Residenz Würzburg im März 1945 hatte eine vollständige und lang anhaltende Durchfeuchtung des Gewölbes über dem Haupttreppenhaus verursacht. Nach der Installation neuer Dächer wurde das Fresko 1948/49 restauriert. Da in dem starken Mauerwerk der Gewölbeauflager nach wie vor Restfeuchte vorhanden war und die schützenden Dachflächen nicht ausreichend dicht blieben, stellten sich erneut gravierende Schäden am Tiepolofresko ein.

Nach Aufbau eines fahrbaren Brückengerüstes wurden zunächst die Schäden an der Oberfläche begutachtet und dokumentiert. Die restauratorischen Untersuchungen und naturwissenschaftlichen Analysen ergaben eine partiell extreme oberflächennahe Anreicherung von Magnesiumsulfaten verschiedener Hydratstufen sowie einen hohen Grad an Vergipsung. Hiervon waren besonders die unteren Bereiche des Gemäldes (Erdteildarstellungen) betroffen. Das gesamte Gewölbe war zudem mit Schimmelpilzen und anderen Phänomenen einer biogenen Besiedlung übersät. Putzflächen hatten sich so stark gelockert, dass erst nach einer Vorfestigung eine Untersuchung der Hohlstellen durchgeführt werden konnte. Dabei stellte sich heraus, dass etwa 20% der Gesamtfläche hohl lag.

Bild: Restaurierungsarbeiten am Deckenfresko

Ein erster Schwerpunkt der Restaurierung war deshalb die Behandlung der Hohlstellen zwischen den einzelnen Putzschichten. Für die Beurteilung der variantenreichen Schadsituationen konnte die Untersuchung der Mörtelsubstanzen bereits im Rahmen von Voruntersuchungen erfolgen. Tests an Probeplatten mit künstlichen Hohlstellen lieferten wertvolle Erkenntnisse zu Verteilung und Verhalten der Mörtel. Nach Abschluss dieser Versuche konnten die kritischen Hohlstellen mit dem ausgewählten Spezialmörtel hinterspritzt und damit stabilisiert werden.

Die teilweise mehrere Zentimeter breiten Risse im Gewölbeputz wurden wie beim Originalaufbau mit artgleichem Kalkmörtel in einzelnen Schichten geschlossen. In die vorletzte Schicht ist mittig eine Trennfolie eingelegt, um Bewegungen, die bei einem Muldengewölbe besonders in den Graten typisch sind und die auch künftig immer wieder zu Putzrissen führen werden, nicht am Rand zum Fresko, sondern in der Rissmitte entstehen zu lassen.

Nach einer behutsamen Abnahme locker aufliegender Substrate (Staub, Spinnweben, Insektenkokons etc.) ließen sich auf ansonsten fester Malschicht Verschmutzungen und Mikroorganismen durch Mikroporenschwamm oder Mikrodampfstrahler feucht entfernen. Verschiedene Techniken zur Extrahierung der Schadsalze kamen zum Einsatz. Eine wässrige "Punktspülung" erbrachte gute Ergebnisse beim Abnehmen von leicht löslichen Krusten aus Magnesiumsulfat. Versinterungen konnten nach Behandlung mit Ammoniumcarbonat und mittels spezieller Kompressentechnik weit gehend beseitigt werden.

 

Bild: Ausschnitt aus dem Fresko vor der Restaurierung

"Himmelswesen mit Stier" über der Afrikaseite vor der restauratorischen Behandlung. Die Verfleckungen verfremden das Gemälde besonders in den hellen Partien des Himmels.
Foto: Achim Bunz

 

Bild: Ausschnitt aus dem Fresko nach der Restaurierung

"Himmelswesen mit Stier" über der Afrikaseite nach der Reinigung und Sinterbehandlung. Bislang kaum erkennbare Details der figürlichen Darstellung wurden sichtbar.
Foto: Achim Bunz


Besonders im unteren Bereich, also auf den Erdteildarstellungen, bestand das Fresko teilweise nur noch aus abpudernder und abschollender Farbsubstanz. Eine nachhaltige Stabilisierung war dringend erforderlich. Für die Festigung der Malschichten erwiesen sich der Einsatz von Kieselsol (Ludox W30) sowie Methylzellulose (Tylose MH300) als geeignet. Nach tropfenweisem Applizieren des Festigers wurden mit kleinen Hostaphanstempeln die Farbschollen wieder an den Putzträger gedrückt.

Lediglich auf (aus der Besucherdistanz im Treppenhaus) sichtbaren Fehlstellen bzw. an sehr störenden Flecken legten die Restauratoren reversible Farb- oder Neutralretuschen an. Die gesetzten Strichlagen dienten zur abschließenden Feinabstimmung des Farbwertes und zur einheitlichen Kennzeichnung der Restaurierungsphase 2003 bis 2006. Sie sind auf einem etwas helleren Lokalton als Strichretusche ausgeführt und somit erkennbar und methodisch nachvollziehbar.

Schadphänomene und restauratorische Eingriffe wurden in Arbeitsberichten beschrieben, kartiert und fotografisch dokumentiert. Die Gesamtdokumentation liegt in analoger und digitaler Form vor und bildet für künftige Restaurierungen eine gute Grundlage zur Kenntnis des Freskos und zur Erarbeitung konservatorischer Maßnahmen.

Eine besonders wichtige Voraussetzung für die Nachhaltigkeit der aufwändigen Maßnahmen ist die absolute Dichtigkeit des Dachraumes und der Fenster gegen Niederschlagswasser, denn die Schäden und Verluste am Tiepolofresko sind infolge fehlender oder undichter Dächer entstanden. Aus diesem Grunde wurde über dem Gewölbe im Dachraum eine von unten diffusionsoffene Folie gespannt. Spezielle Sensoren signalisieren akute Tropfstellen in der Dachhaut, so dass rasch reagiert werden kann.


 
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